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Freitag, 28. September 2018

Unentgeltliche Beförderung im Fährverkehr


Beim Fährverkehr zwischen Emden und Borkum handelt es sich um Nahverkehr i. S. d. Schwerbehindertenrechts, so dass Menschen mit Behinderungen, die über einen Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen "G" und eine erforderliche Wertmarke verfügen, Anspruch auf unentgeltliche Beförderung haben.

Das hat das Bundesverwaltungsgericht am 27.09.2018 entschieden (Az. 5 C 7.17).

Nach Klageabweisung in der ersten Instanz, in der das Verwaltungsgericht angenommen hatte, um Nahverkehr mit Wasserfahrzeugen handele es sich nur bei Bewältigung von im Alltag zu überwindenden Strecken zu Schulen, Arbeitsstätten, Behörden und zum Einkauf, hat das Oberverwaltungsgericht die Entscheidung geändert und dem Kläger Recht gegeben. Die Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg.

Nach den Ausführungen des BVerwG ist Nahverkehr nach der gesetzlichen Regelung anzunehmen, wenn der ÖPNV mit Wasserfahrzeugen im Linien-, Fähr- und Übersetzverkehr der Beförderung von Personen im Orts- und Nachbarschaftsbereich dient und der Ausgangs- und Endpunkt innerhalb dieses Bereiches liegen.
Nachbarschaftsbereich sei danach der Raum zwischen benachbarten Gemeinden, die, ohne unmittelbar aneinander angrenzen zu müssen, durch einen stetigen, mehr als einmal am Tag durchgeführten Verkehr wirtschaftlich und verkehrsmäßig verbunden sind. Es gebe keinerlei Anhaltspunkte dafür, eine Einschränkung auf einen "alltäglichen Verkehr" anzunehmen, und zwar weder in der Systematik noch dem Zweck des Gesetzes.
Der mit der gesetzlich verankerten Vergünstigung verfolgte Nachteilsausgleich für behinderte Menschen, die in ihrer Bewegungsfreiheit erheblich eingeschränkt seien, gehe daher über den Alltagsverkehr hinaus.

Emden und die Insel Borkum seien als benachbarte Gemeinden auch wirtschaftlich miteinander verbunden und sowohl die Touristen als auch die Bewohner der Insel nutzten die Fähren. Ferner würden die zur Versorgung der Insel erforderlichen Waren und Güter über diese Fährverbindung transportiert.

Schwerbehinderte Menschen, denen das Merkzeichen "G" zuerkannt wurde und die die entsprechende Wertmarke verfügen, haben daher einen Anspruch auf unentgeltliche Beförderung.