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Montag, 10. September 2012

Pflegeheime - Anwesenheit einer Pflegekraft zur Nachtzeit

Wie das Verwaltungsgericht Stuttgart entschieden hat, muss in Pflegeeinrichtungen mit pflegebedürftigen Bewohnern auch nachts eine Fachkraft ständig aktiv im Dienst sein. Eine bloße Nachtbereitschaft genügt nicht (Beschluss vom 24.04.2012, Az. 4 K 897/12).

Das Verwaltungsgericht wies darauf hin, dass dem nicht genüge getan wird durch eine bloße "Nachtbereitschaft", bei der sich ein Pflegefachkraftmitarbeiter zur Nachtzeit schlafend bzw. ruhend in einem Bereitschaftszimmer befindet, sich aber nur für den Bedarfsfall bereit zu halten habt. Diese Form der Anwesenheit genüge nicht den Anforderungen des Landesheimgesetzes Baden-Würtemberg. Eine derartige Nachtbereitschaft sei strikt von einer Nachtwache zu unterscheiden. Letztere erfordere einen aktiven Dienst, in dem eine Pflegefachkraft auch während der Nachtzeit ständig körperlich anwesend sei. Dies äußere sich in der Überwachung, Kontrolle und Versorgung von Pflegebedürftigen. Von einer so ausgestalteten Nachtwache könne auch nicht ausnahmsweise abgesehen werden.


Stephan Störmer ist Fachanwalt für Sozialrecht in Steinfurt.

Freitag, 7. September 2012

Hartz IV: Kostenübernahme für Besuch eines im Ausland lebenden Ehegatten

Wie das Hessische LSG nunmehr in einem Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz entschieden hat, haben Hartz-IV-Empfänger keinen Anspruch auf zusätzliches Geld für Besuchsreisen zum im Ausland lebenden Ehepartner (Beschluss vom 06.07.2012, Az. L 7 AS 275/12 B ER).
Zwar seien Kosten für das eheliche Zusammenleben grds. Teil des notwendigen Lebensunterhalts und als solche anerkennungsfähiger Bedarf. Besuchsreisen eines Hartz-IV-Empfängers zu seinem im Ausland lebenden Ehepartner begründeten jedoch dagegen keinen Mehrbedarf. Die Eheleute seien insofern auf die Herstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft durch Zuzug des im Ausland lebenden Ehegatten zu verweisen. Das Gericht wies ausdrücklich darauf hin, dass die sozialgerichtliche Rechtsprechung zur Erstattung von Kosten bei Ausübung des Umgangsrechts von Eltern mit ihren Kindern für den "Umgang" der Ehegatten miteinander nicht herangezogen werden könne.


Der Autor ist als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Sozialrecht in der Kanzlei Störmer & Hiesserich in Steinfurt tätig.

Donnerstag, 6. September 2012

Möbel gegen Versicherungsnehmer

Um neue Versicherte zu gewinnen, hatte die AOK Bayern ihren Mitgliedern Rabatte in Möbel- und Bekleidungshäusern, Frisörbesuche, Textilreinigungen etc. in Aussicht gestellt. 
Hiergegen hatten sich sechs Ersatzkassen gewandt.
Inzwischen hat das Sozialgericht Berlin die Rechtsauffassung der Aufsichtsbehörden der Sozialversicherungsträger bestätigt (Urteil vom 10.08.2012, Az. S 81 KR 1280/11).
Zwar stünden die gesetzlichen Krankenkassen in Konkurrenz zueinander. Dies bedeute jedoch nicht, dass sie sich alle Freiheiten des Marktes zunutze machen dürften.
Ihre gesetzliche Aufgabe sei es vielmehr, ihr Mitglieder in Gesundheitsfragen zu versorgen und zu unterstützen. Ferner hätte sie das Gebot der Zusammenarbeit der gesetzlichen Krankenkassen zu beachten. Hieraus ergebe sich, dass bei der Mitgliederwerbung nur solche Mittel legitim seien, die einen Bezug zur Gesundheit aufwiesen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.



Der Autor ist Fachanwalt für Sozialrecht und zugleich als Strafverteidiger in Steinfurt tätig.

Mittwoch, 5. September 2012

Gesetzliche Unfallversicherung: Wegeschutz beim Tanken

In der Einleitung des Abbiegens zur Tankstelle manifestiert sich bereits eine Änderung der Handlungstendenz weg von der Zurücklegung des durch die versicherte Tätigkeit veranlassten Weges hin zu einer dem unversicherten privaten Bereich zuzurechnenden Verrichtung. Dies ist bereits dann der Fall, wenn der Versicherte sich zwar beim Unfall noch auf der eigenen Fahrbahnhälfte befand, jedoch bereits sein Fahrzeug verlangsamt und den Blinker gesetzt hat.

Das hat das LSG Berlin-Potsdam klar gestellt (Urteil vom 03.11.2011, Az. L 3 U 7/09).

Das Zurücklegen von Wegen von und zur Arbeit gehört zwar in der Regel nicht unmittelbar zur durch die gesetzliche Unfallversicherung versicherten Tätigkeit. Allerdings steht sie hierzu in einer mehr oder weniger engen Beziehung. Hiervon zu unterscheiden sind reine Vorbereitungshandlungen, das heißt, solche Verrichtungen, die der versicherten Tätigkeit (und dem Weg dorthin) vorangehen und ihre Durchführung erst ermöglichen bzw. zumindest erleichtern. Hierzu gehören z. B. der Kauf einer Bahnfahrkarte oder das Schneeschaufeln zur Freilegung der Garagenausfahrt. Derartige Handlungen sind trotz ihrer sogenannten "Betriebsdienlichkeit" grds. dem unversicherten persönlichen Lebensbereich zuzuordnen. Nur in den besonders gesetzlich geregelten Fällen des § 8 Abs. 2 SGB VII sind "ausgesuchte typische Vorbereitungshandlungen" vom Versicherungsschutz umfasst. Durch die Rechtsprechung ist dieser Schutz auf weitere in der genannten Norm nicht näher bezeichnete Vorbereitungshandlungen erweitert worden. Voraussetzung ist danach allerdings, dass das Verhalten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, in einem inneren Zusammenhang mit der Betriebstätigkeit steht, der es rechtfertigt, das Verhalten der Versicherten Tätigkeit zuzurechnen. Fehlt es an einem solchen Zusammenhang, entfällt der Versicherungsschutz selbst dann, wenn sich der Unfall auf derselben Strecke ereignet, die der Versicherte auf dem Weg von und zur Arbeit gewöhnlich benutzt.
Ein solcher Zusammenhang entfällt insbesondere dann, wenn dieser Weg aus eigenwirtschaftlichen Gründen unterbrochen wird. Das ist beim Auftanken des Fahrzeuges, das für die Zurücklegung der Wege von und zum Arbeitsplatz verwendet wird, der Fall. Das Tanken und die dafür erforderlichen Wege sind auch dann nicht unfallversichert, wenn dies dem Unternehmen mittelbar dient. Dies gilt sowohl auf Wegen vom oder nach dem Ort der Tätigkeit als auch auf Betriebswegen bzw. Dienstreisen (LSG NRW, Urt. v. 10.08.2005, Az. L 17 U 74/05). Etwas anderes gilt nur dann, wenn das Nachtanken während der Fahrt unvorhergesehen notwendig wird, damit der restliche Weg zurückgelegt werden kann (so z. B. BSG, Urt. v. 11.08.198, Az. B 2 U 29/97). 



Rechtsanwalt und Fachanwalt für Sozialrecht Störmer ist zugleich auf dem Gebiet des Strafrechts tätig.

Dienstag, 4. September 2012

"Pflege-TÜV": Veröffentlichung der Ergebnisse zulässig

Seit einiger Zeit werden ambulante und stätionäre Pflegeeinrichtungen bundesweit Qualitätsprüfungen unterzogen und die Ergebnisse vergleichbar im Internet veröffentlich. Hierzu werden Schulnoten verteilt (sogenannte "Transparenzberichte").
Das LSG NRW hat nunmehr entschieden, dass derartige Veröffentlichungen grundsätzlich zulässig sind und insbesondere auch nicht gegen verfassungsrechtliche Vorschriften verstoßen (15.08.2012, Az. L 10 P 137/11).



Rechtsanwalt Stephan Störmer ist zugleich als Fachanwalt für Sozialrecht in Steinfurt ansässig.

Sozialleistungen für Kinder

Wie der Bundesrechnungshof in einer Unterrichtung mitgeteilt hat, ist seiner Auffassung nach das bestehende System eines Vorrangs von Unterhaltsvorschuss-Leistungen und Wohngeld vor den Leistungen der Grundsicherung "intransparent und ineffizient" (BT-Drs. 17/10322).
Es sei wenig systemgerecht, wenn der Bund seine Ausgaben für die Grundsicherung der leistungsberechtigten Kinder "nahezu vollständig zurückhält, während er auf der anderen Seite die Ausgaben für Unterhaltsvorschuss und Wohngeld in Höhe von 252 Mill. Euro zu leisten hat." Obwohl dieses Verfahren Leistungsberechtigte und Leistungsträger belaste, wolle die zuständige Bundesministerin daran festhalten.
Der Bundesrechnungshof empfiehlt daher weiterhin, den Vorrang anderer Sozialleistungen vor der Grundsicherung entfallen zu lassen. 


Der Autor ist auf schwerpunktmäßig auf dem Gebiet des Sozialrechts und des Strafrechts tätig.

Montag, 3. September 2012

ALG I: Anspruch trotz Einschreibung zum Studium

Studentinnen und Studenten haben im ersten Semester bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen Anspruch auf ALG auch nach Einschreibung bis zum Beginn der ersten Vorlesung.
Das hat unlängst das Sozialgericht Mainz entschieden (31.07.2012, Az. S 4 AL 314/10).
Die dortige Klägerin hatte zunächst eine Ausbildung absolviert und war dann bis Ende August 2012 noch in ihrem Ausbildungsbetrieb tätig gewesen. Das folgende, für sie erste Semester begann am 01.09.2010 mit der Einschreibung. Die erste Veranstaltung fand am 27.09 2010 statt. Für den Zeitraum dazwischen hatte die Klägerin ALG I beantragt. Diesen Antrag hatte die Beklagte mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin habe durch die Immatrikulation den Status einer Studentin erworben und habe insofern dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung gestanden. Das SGB III stelle eine solche Vermutung auf.
Das Sozialgericht stellte jedoch klar, dass nicht allein auf die Einschreibung abgestellt werden könne. Faktisch habe die Klägerin in der Zeit bis zur ersten Veranstaltung ihr Studium noch gar nicht begonnen und sei daher frei von jeder studentischen Verpflichtung gewesen (Vor- und Nachbereitung von Vorlesungen, Vorbereitung auf Klausuren, Absolvierung von Praktika etc.). Insofern habe sie dem Arbeitsmarkt für den beantragten Zeitraum wie ein "normaler" Arbeitnehmer zur Verfügung gestanden.
Anderes gelte allerdings für den Zeitraum zwischen zwei Semestern eines laufenden Studiums.
Die zuständige Agentur für Arbeit erkannte schlussendlich die Klageforderung an.


Rechtsanwalt Störmer ist auf Sozialrecht und Strafrecht spezialisiert.