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Donnerstag, 21. April 2016

Verhinderungspflege bei vorübergehendem Auslandsaufenthalt

Leistungen der Verhinderungspflege können auch während eines vorübergehenden Aufenthalts in der Schweiz gezahlt werden.

Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 20.04.2016 (Az. B 3 P 4/14 R).

Während Leistungen der Pflegeversicherung für die Zeit eines Auslandsaufenthalts grundsätzlich ruhen, sieht das Gesetz unter anderem für das Pflegegeld eine Ausnahme von diesem Grundsatz vor. Dies wird bei einem vorübergehenden Auslandsaufenthalt von bis zu sechs Wochen weiter gewährt. Zum "Pflegegeld" im Sinne dieser Vorschrift gehöre auch das "Verhinderungspflegegeld", das bei zeitweiliger Verhinderung der Pflegeperson für Kosten bei der Ersatzpflege gezahlt werde, so das BSG.
Nach Ausgestaltung, Zweck und Funktion der Leistungen bei Verhinderung der Pflegeperson treten diese an die Stelle des Pflegegeldes und ersetzen es, auch wenn seit dem 30.10.2012 für längstens vier Wochen die Hälfte des Pflegegeldes während der Verhinderungspflege fortgewährt werde. Werde die Ersatzpflege durch nicht erwerbsmäßig pflegende Angehörige des Pflegebedürftigen erbracht, orientiere sich die Höhe des Verhinderungspflegegeldes am Pflegegeld in Abhängigkeit von der jeweiligen Pflegestufe. Von daher wirke es wie ein Surrogat für das Pflegegeld und sei als solches bei vorübergehendem Auslandsaufenthalt von bis zu sechs Wochen fortzuzahlen. Dies gelte auch für die als Nebenleistung anzusehende Erstattung notwendiger Fahrt- und Unterkunftskosten, die die Verhinderungspflege im Falle der Ersatzpflege durch Angehörige erst ermöglichen soll. 

Im zugrunde liegenden Fall hatte der 14-jährige pflegebedürftige Kläger mit seiner Familie Urlaub in der Schweiz gemacht. Der mitreisende Großvater übernahm, während die Mutter des Klägers, die ihn ansonsten pflegt, Ski fuhr, stundenweise die Pflege des Klägers. Die beklagte Pflegekasse zahlte zwar das Pflegegeld weiter, lehnte allerdings die beantragte Erstattung der Fahrt- und Unterkunftskosten des Großvaters aufgrund des Auslandsaufenthalts ab.

Das BSG hat aufgrund der obigen Erwägungen entschieden, dass auch die entstandenen Fahrt- und Unterkunftskosten zu erstatten waren.


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Freitag, 15. April 2016

Auskunftsersuchen Jobcenter

Partner von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten sind gegenüber dem Jobcenter nicht verpflichtet, Vordrucke auszufüllen, die sich ausschließlich an solche Personen richten, die selbst Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beanspruchen, so das SG Gießen in einer jetzt veröffentlichten Entscheidung von 23.02.2016 (Az. S 22 AS 1015/14).

Der dortige Kläger bildete mit einer im Leistungsbezug stehenden Frau nach Ansicht des Jobcenters eine Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft. Das Jobcenter verlangte mehrfach, zuletzt im Bescheidungsweg vom Kläger die Vorlage von Einkommensnachweisen sowie mehrerer auszufüllender Formblätter, um seine Einkommensverhältnisse zu überprüfen. Diese Formblätter richteten sich ausschließlich an Personen, die ihrerseits Leistungen nach dem SGB II begehren, was sich aus den jeweiligen Fragestellungen und den Unterschriftsleistungen ("Unterschrift Antragsteller/Antragstellerin") ergab.

Hierzu hat das Sozialgericht klargestellt, dass der Kläger jedoch selbst nicht Antragsteller und insofern nicht zur Mitwirkung verpflichtet sei. Gegen seinen Willen könne er selbst dann nicht zum Antragsteller gemacht werden, wenn er Inhaber eines Anspruchs wäre. Der Aufforderung an den Kläger, der selbst die Bewilligung von Leistungen nicht anstrebe, fehlte es damit an der Rechtsgrundlage.

Aufgrund dessen hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben, das Urteil ist rechtskräftig.


Der Autor ist Fachanwalt für Sozialrecht in Steinfurt Borghorst.