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Freitag, 26. Oktober 2018

Hochwertiges Hörgerät bei Baustellen-Lärm

Ein schwerhöriger Versicherter, der als Projektleiter für die Bauüberwachung von Großbaustellen zuständig ist, hatte Anspruch auf ein höhenwertiges Hörgerät, das sich automatisch wechselnden Geräuschkulissen anpasst.

Das hat das Hessische Landessozialgericht entschieden (Urteil des 1. Senats vom 13.09.2018, Az. L 1 KR 229/17).

Der 55-jährige schwerhörige Kläger hatte bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) die Bewilligung neuer Hörgeräte für 4.300 € beantragt, nachdem sich seine Schwerhörigkeit verschlechtert hatte. Berufsbedingt sei er auf ein sehr gutes Hörverstehen angewiesen.
Sechs Jahre zuvor hatte die DRV ihm Hörgeräte zur Teilhabe am Arbeitsleben gewährt. Nun leitete sie seinen Antrag an die aus ihrer Sicht zuständige Krankenkasse weiter. Diese hielt ein eigenanteilsfreies Hörgerätesystem für ausreichend und leistete dementsprechend den Festbetrag in Höhe von 1.614 €. Eine berufsbedingte Notwendigkeit für eine höhenwertige Versorgung liege nicht vor.
Der Versicherte machte geltend, er sei wegen seiner Tätigkeit auf Baustellen auf Hörgeräte angewiesen, die sich automatisch auf wechselnde Geräuschkulissen einstellten. Die zum Festpreis erhältlichen Hörgeräte müssten jedoch jeweils manuell angepasst werden. Baubesprechungen auf Großbaustellen begründeten Anspruch auf Hörgeräte, die sich automatisch der Geräuschkulisse der Umgebung anpassten.

Sowohl die erste Instanz als auch das LSG haben dem Kläger Recht gegeben.

Das LSG sah den geltend gemachten Anspruch zwar nicht aus Krankenversicherungsrecht. Da die DRV den Antrag des Versicherten aber innerhalb der gesetzlichen Frist weitergeleitet habe, sei die Krankenversicherung allein zuständig und müsse auch aufgrund rentenversicherungsrechtlicher Vorschriften leisten. Danach hätten behinderte Menschen einen Anspruch auf medizinische Rehabilitation, um Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit zu vermeiden, zu überwinden oder zu mindern. Dies umfasse auch Hilfsmittel wie im vorliegenden Fall die Hörgeräte, soweit Versicherte aufgrund der typischen Anforderungen einer Berufstätigkeit hierauf angewiesen seien.

Diese Voraussetzungen lagen beim Kläger vor.

Die Revision wurde nicht zugelassen.


Dienstag, 23. Oktober 2018

Gesetzliche Unfallversicherung - Schutz bei Heimarbeit


Die Zahl der teilweise oder ganz im sogenannen "Home Office" Tätigen nimmt immer weiter zu, 30 Prozent aller Unternehmen sehen hier eine wachsende Bedeutung.

Jetzt hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen entschieden, dass ein Unfall, den eine Mutter auf dem Rückweg vom Kindergarten ihrer Tochter zum häuslichen Telearbeitsplatz erlitten hat, kein Arbeits- oder Wegeunfall ist (Urteil vom 26.09.2018, Az. L 16 U 26/16).

Zugleich wies das Gericht jedoch darauf hin, dass die Entscheidung auf einer Gesetzeslage beruht, die in ihren Ursprüngen auf die Rechtslage von 1971 und damit auf eine andere Strukturierung der Arbeitswelt als heute zurück geht. Daher wurde die Revision zum Bundessozialgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die dortige Klägerin arbeitete im Rahmen von Teleworking von zu Hause aus. Auf dem Rückweg vom Kindergarten ihrer Tochter zum häuslichen Telearbeitsplatz rutschte sie it dem Fahrrad auf Blitzeis weg und brach sich den Ellenbogen. Die Behandlung verursachte Kosten von rund 19.000 €. Die mit den Kosten in Vorlage getretene Krankenkasse nahm die Berufsgenossenschaft in Regress. Diese berief sich darauf, dass es sich nicht u einen Arbeits- oder Wegeunfall, sondern um einen privaten Heimweg gehandelt habe.

Das LSG hat hierzu ausgeführt, dass der schon immer versicherte Arbeitsweg in 1971 um den Kindergartenumweg erweitert worden sei. Versicherungsschutz am häuslichen Arbeitsplatz habe jedoch zu keiner Zeit bestanden. Die von der gesetzlichen Unfallversicherung abgedeckten typischen Verkehrsgefahren würden durch Heimarbeit gerade vermieden. Daher sei ein Wegeunfall schon begrifflich ausgeschlossen, wenn Wohnung und Arbeitsstätte in ein- und demselben Gebäude liegen. Daher sei auch der Weg zum Kindergarten als privater einzuordnen.

Über eine Erweiterung des Versicherungsschutzes auch auf Wege zu Heimarbeitsplatz könne jedoch allein der Gesetzgeber entscheiden.


Immer für Sie aktuell im Sozialrecht: Rechtsanwälte Störmer & Hiesserich.

Montag, 22. Oktober 2018

Meilenstein in der Digitalisierung - ausschließlich elektronische Post für Rechtsanwälte von der Hessischen Sozialgerichtsbarkeit

Nach längerer Vorlaufzeit ist nun für sämtliche deutschen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte ein sogenanntes "besonderes elektronisches Anwaltspostfach - beA" von der Bundesrechtsanwaltskammer eingerichtet und nutzbar. Sämtliche Anwältinnen und Anwälte sind zugleich gesetzlich verpflichtet, Posteingänge über dieses Postfach entgegen zu nehmen. 

Die Hessische Sozialgerichtsbarkeit hat nun darüber informiert, dass sie ab sofort nur noch auf diesem elektronischen Weg mit Anwältinnen und Anwälten kommuniziert. Dies bedeutet für alle Beteiligten und damit natürlich auch für Mandantinnen und Mandanten eine erhebliche Arbeitserleichterung und auch eine gewisse Beschleunigung in der Bearbeitung.

Wir haben als Fachkanzlei für Sozialrecht in unserer Kanzlei schon frühzeitig sämtliche elektronischen Postfächer des beA in Betrieb genommen (nämlich schon Anfang 2017) und sind daher insbesondere auch für Zustellungen aus Hessen gut gerüstet.

Ihre Fachanwälte für Sozialrecht Viola Hiesserich und Stephan Störmer.