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Donnerstag, 17. Mai 2012

Sperrzeit bei Nicht-Annahme schlecht vergüteter Tätigkeit

Schlechte Vergütung ist kein wichtiger Grund i. S. d. § 144 Abs. 1 S.  SGB III, so dass bei Nicht-Annahme einer schlecht bezahlten Arbeit zu Recht eine Sperrzeit verhängt werden darf.

Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin einen mit 5,37 € Stundenlohn dotierten Arbeitsvertrag mit der Begründung abgelehnt, die Annahme der Stelle sei ihr aufgrund des Stundenlohns unzumutbar gewesen. Das Bundessozialgericht hat die daraufhin verhängte Sperrzeit jedoch als rechtmäßig erachtet. Die angebotene Arbeit sei ihr i. S. d. § 121 SGB II zumutbar gewesen. Insbesondere hätte das erzielbare Nettoeinkommen nicht die bis dahin bewilligte Arbeitslosenhilfe unterschritten. 

Bundessozialgericht, Entscheidung vom 02.05.2012, Az. B 11 AL 18/11 R



Der Autor ist Fachanwalt für Sozialrecht in Steinfurt.

Mittwoch, 16. Mai 2012

Hartz-IV-Regelsätze: erneute Vorlage an das BVerfG

Das Sozialgericht Berlin hat dem Bundesverfassungsgericht die Frage der Verfassungswidrigkeit des neuen SGB-II-Regelbedarfs zur Prüfung vorgelegt (SG Berlin, Beschluss vom 25.04.2012, Az. S 55 AS 9238/12).
Dies ist der bundesweit erste Vorlagebeschluss in dieser Sache, nachdem beispielsweise die Landessozialgerichte Bayern und Baden-Würtemberg die Verfassungsmäßigkeit der hier in Rede stehenden Regelsätze bereits bejaht hatten.

Nach Ansicht der 55. Kammer des Sozialgerichts Berlin verstoßen die derzeitigen Vorschriften zur Höhe des Regelsatzes gegen das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums.
Es sei zwar nicht zu bemängeln, dass der Gesetzgeber zur Bemessung ein Statistikmodell verwendet habe, das auf der Auswertung einer Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008 beruhe. Allerdings sei die Auswahl der unteren 15 % der Alleinstehenden als Referenzgruppe mit massiven Fehlern behaftet. Die Wertung sei nicht nachvollziehbar und insofern willkürlich. Es sei nicht begründet worden, wie aus dem Ausgabeverhalten dieser Gruppe auf eine Bedarfsdeckung der Leistungsberechtigten geschlossen werden könne. Insbesondere enthalte die Referenzgruppe unter anderem auch Haushalte von Erwerbstätigen mit aufstockendem Bezug von existenzsichernden Leistungen sowie Stunden im BAföG-Bezug. Die im Anschluss an die Bedarfsermittlungen vorgenommenen Kürzungen seien hinsichtlich der Positionen "Verkehr", "Mahlzeiten in Restaurants/Cafés/Kantinen", "alkoholische Gestränke", "Schnittblumen" und "chemische Reinigung" nicht nachvollziehbar begründet. Der Gesetzgeber habe insofern nicht berücksichtigt, dass auch die Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen den Leistungsbeziehern möglich sein muss. 

Das Bundesverfassungsgericht hatte bereits mit Urteil vom 09.02.2010 entschieden, dass die damaligen Regelleistungen nach dem SGB II verfassungswidrig waren und hatte dem Gesetzgeber zugleich aufgegeben, bis zum 31.12.2010 eine Neuregelung zu treffen. Diese dürfte nunmehr also wieder auf dem Prüfstand stehen.



Stephan Störmer ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Sozialrecht in Steinfurt.