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Mittwoch, 24. Juli 2019

Hartz IV - Übernahme auch unangemessener Unterkunftskosten

Eine volle Übernahme auch objektiv unangemessener Unterkunftskosten durch das Jobcenter kann erfolgen, wenn eine Kostensenkung nicht möglich ist.

Das hat das Sozialgericht Mannheim entschieden (04.06.2019, Az. S 2 SO 184/18).

Die dortigen Kläger (zwei 75-jährige Eheleute) bezogen Altersrenten und erhielten ergänzend Grundsicherung.
Die Klägerin war gehbehindert und bewegte sich in der Wohnung mit Gehstock und Rollator. Sie hatte einen Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen "G" und "B".
Nach einer Kostensenkungsaufforderung übernahm der Beklagte nach einiger Zeit nur noch reduzierte Kosten der Unterkunft, die seiner Meinung nach angemessen waren.
Die Kläger teilten mit, gerne würden sie in eine behindertengerechte Wohnung umziehen. Eine solche sei aber zu dem vom Kläger als angemessen betrachteten Mietpreis nicht verfügbar. Außerdem seien ihre Kinder eigens zugezogen, um sie pflegerisch zu unterstützen. 

Das Sozialgericht hat den Klägern Recht gegeben. 

Zwar sei die Wohnung zu teuer. Aber es sei nachvollziehbar, dass es den betagten Kläger nicht möglich sei, ohne Hilfe eine geeignete Wohnung zu finden.
Der Beklagte habe auch keine Hilfestellung angeboten, zum Beispiel in Form von Übernahme von Maklerkosten.
Im Übrigen sei zweifelhaft, ob es überhaupt eine Wohnung gebe, die dem speziellen Erfordernissen der Kläger entspreche.

Quelle: juris/Aktuelles/Nachrichten mit Verweis auf Pressemitteilung des SozG Mannheim vom 22.07.2019


Ihre Fachanwälte für Sozialrecht: Rechtsanwälte Stephan Störmer & Viola Hiesserich

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Donnerstag, 18. Juli 2019

SGB II-Leistungen bei Auslandsimmobilie

Bei einer akuten Notlage muss der zuständige Leistungsträger auch dann Leistungen nach dem SGB II gewähren, wenn die Leistungsempfänger über eine Auslandsimmobilie verfügen, wenn diese nicht als "bereites Mittel" zur Verfügung steht, um die Notlage kurzfristig zu beseitigen.

Das hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen in einer Eilentscheidung zum Ausdruck gebracht (Beschluss vom 22.05.2019, Az. L 11 AS 2019/19 B ER).

Die Antragstellerin verfügte über ein von zwei weiteren Familienangehörigen bewohntes Einfamilienhaus in Thailand, das an einer kaum frequentierten Anliegerstraße ohne Durchgangsverkehr lag, das aufgrund der desolaten Straßenlage noch nicht einmal von der Müllabfuhr angefahren werden konnte. 

Sie und ihr Ehemann lebten in Deutschland zunächst von Rücklagen, nach deren Verbrauch liefen hier Mietschulden auf.

Das LSG hat das Jobcenter zwar zur vorläufigen Leistungserbringung verpflichtet, zugleich aber darauf hingewiesen, dass Auslandsimmobilien auch dann verkauft werden müssen, wenn sie von anderen Familienangehörigen bewohnt werden. Grundsicherungsleistungen seien nur dann zu erbringen, wenn kein Vermögen mehr vorhanden sei. Im vorliegenden Fall habe die Immobilie lediglich nicht als "bereites Mittel" zur Bedarfsdeckung zur Verfügung gestanden. Das Gericht wies zudem darauf hin, dass die Antragsteller ggf. die im Eilrechtsschutz durchgesetzten Leistungen später wieder erstatten müssen, da ernsthafte Bemühungen, das Haus zu verkaufen, nicht glaubhaft gemacht seien. Zwar sei wohl ein Verkaufsschild aufgestellt worden. Allerdings sei aufgrund der örtlichen Umstände nicht zu erwarten, dass dies zum Erfolg führen werde. Aufgrund solch unzureichender Bemühungen käme ein späterer Erstattungsanspruch des Jobcenters in Betracht.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 17/2019 des LSG Niedersachsen-Bremen vom 16.07.2019