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Montag, 26. Februar 2018

Verletzung beim Eislaufen als Arbeitsunfall

Ein Unfall auf einer Eisbahn im Rahmen einer teambildenden Maßnahme ist kein Arbeitsunfall.
Das hat das Sozialgericht Detmold jetzt entschieden (Urteil vom 09.02.2018, Az. S 1 U 263/15).

Die Klägerin war Teamleiterin einer zehnköpfigen Abteilung eines Modeunternehmens.
Alle Mitarbeiter ihrer Abteilung hatten an einem Tag vorzeitig die Arbeit beendet und als teambildende Maßnahme einen Ausflug zur Eisbahn unternommen.
Beim Betreten der Eisfläche kam die Klägerin ins Rutschen und brach sich durch den Sturz das Handgelenk.

Das Sozialgericht stützte seine Entscheidung darauf, dass die Teilnahme am Eislaufen nicht zu den arbeitsvertraglich geschuldeten Pflichten der Klägerin gehört habe. Zwar könne Versicherungsschutz grds. auch bei der Teilnahme an betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen bestehen, z. B. einer betrieblichen Weihnachtsfeier.
Eine solche betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung habe hier jedoch nicht vorgelegen.
Die Maßnahme sei weder von der Unternehmensleitung noch von der dem Team der Klägerin übergeordneten Leitung als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung angeregt oder organisiert worden. Weder sie noch die anderen Beschäftigten des Teams seien von der Unternehmensleitung mit der Durchführung der Veranstaltung beauftragt worden. 
Eine Initiierung der Organisation des Ausflugs lediglich durch die Teamleiterin reiche nicht aus, der Maßnahme den Charakter einer von der Unternehmensleitung getragenen betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung zu geben.
Des weiteren hätten die Mitarbeiter für den Ausflug keine Zeitgutschrift erhalten und die Klägerin habe selbst die Kosten für die Veranstaltung getragen. Beides spräche für den Charakter als Privatveranstaltung. Selbst, wenn diese betriebsbedingt oder betriebsdienlich gewesen sein und von der Unternehmensleitung geduldet oder gebilligt worden sein sollte, löse dies keinen Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung aus, denn letztlich wirke sich auch jede gemeinsame Freizeitveranstaltung positiv auf die Teamfähigkeit aus und fördere die Kommunikation und den Zusammenhalt unter den Kollegen.

Das Urteil ist rechtskräftig.


Der Autor ist Sozius in der Kanzlei Störmer & Hiesserich Rechtsanwälte in Steinfurt.

Mittwoch, 7. Februar 2018

Hartz IV: Übernahme einer Betriebskosten-Nachforderung für frühere Wohnung

Jobcenter müssen unter bestimmten Voraussetzungen auch Nebenkosten-Nachforderungen für ehemals bewohnte Wohnungen übernehmen.
Das hat das Sozialgericht Detmold entschieden (Urteil vom 30.11.2017, Az S 23 AS 1759/16).

Die Klägerin im zugrunde liegenden Verfahren hatte nach einem Umzug in eine neue Wohnung noch eine Abschluss-Rechnung der Stadtwerke über Strom-, Heizungs- und Wasserkosten der alten Wohnung erhalten.
Das Jobcenter lehnte die Übernahme der Kosten ab mit der Begründung, unterkunftssichernde Leistungen kämen nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht mehr in Betracht. Außerdem sei die Klägerin auf eigenen Wunsch und nicht aufgrund einer Kostensenkungsaufforderung umgezogen.

Das Sozialgericht führte aus, dass zwar grds. Aufwendungen für die tatsächlich konkret aktuell genutzt Wohnung übernommen würden. Das Bundessozialgericht habe allerdings für Nachforderungen aus früheren, mittlerweile beendeten Mietverhältnisses Ausnahmen zugelassen. Eine solche Ausnahme sei gegeben, wenn Leistungsberechtigte durchgehend seit dem Zeitraum der tatsächlichen Entstehung der Kosten im Leistungsbezug gestanden hätten und eine Kostensenkungsaufforderung vorgelegen habe.

Das Sozialgericht sah die Möglichkeit, die vom BSG aufgestellten Grundsätze auf den vorliegenden Fall zu übertragen, auch wenn hier keine Kostensenkungsaufforderung vorlag. Auch das BSG sehe eine existenzsicherungsrechtlich relevante Verknüpfung der Nebenkostennachforderung für die in der Vergangenheit bewohnte Wohnung mit dem aktuellen Bedarf, weil sowohl die Entstehung der Nachforderung als auch ihre Fälligkeit einen Zeitraum der ununterbrochenen Hilfebedürftigkeit treffe. In einem solchen Fall müsse der Leistungsträger für die unterkunftsbezogenen Bedarfe einschließlich der Nebenkosten aufkommen.

Alles andere würde faktisch wie eine Umzugssperre wirken, weil sich Leistungsbezieher dann dem Risiko ausgesetzt sähen, mit Schulden in Form von Nebenkostennachzahlungen belastet zu werden. Zudem könnten Folgeprobleme für die aktuelle Wohnsituation drohen, wenn für den Leistungsberechtigten derselbe Energielieferant zuständig sei und deshalb Zahlungsschwierigkeiten aus dem ehemaligen Miet- und Versorgungsverhältnis auf die aktuellen Geschäftsbeziehungen durchschlagen würden.

Das Urteil ist rechtskräftig.


Der Autor ist Rechtsanwalt sowie Fachanwalt für Sozial- und Strafrecht.