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Mittwoch, 30. Oktober 2013

Arbeitsunfall: für Anerkennung Vollbeweis notwendig

Nach Einschätzung des Sozialgerichts Gießen ist für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ein sogenannter Vollbeweis erforderlich, das heißt, für die Annahme eines Arbeitsunfalls muss eine so hohe Wahrscheinlichkeit bestehen, dass darauf die Überzeugung von der Wahrheit und nicht der bloßen Wahrscheinlichkeit gegründet werden kann (Urteil vom 17.10.2013, Az. S 3 U 82/09).

Im der Entscheidung zugrunde liegenden Fall war der Ehemann der jetzt verwitweten Klägerin als Kranführer in einem holzverarbeitenden Betrieb, nachdem er sich bereits ausgestochen und seine Schicht beendet hatte, auf einen Kran gestiegen und dort so eingeklemmt worden, dass er aufgrund dessen an inneren Verletzungen verstarb.
Die Beweisaufnahme hatte jedoch nicht eindeutig die Beweggründe des Mannes ergeben. Zwar konnte ein betrieblicher Bezug nicht vollständig ausgeschlossen werden, allerdings war damit nicht der erforderliche Vollbeweis erbracht, das heißt, eine so hohe Wahrscheinlichkeit dafür festgestellt worden, dass der Mann  in Ausübung einer betrieblichen Verrichtung den Kran bestiegen hatte, dass die Klage letztlich abgewiesen wurde.



Stephan Störmer ist als Rechtsanwalt in Steinfurt ansässig.

Dienstag, 29. Oktober 2013

Arbeitsunfall: Trinken während Kopierpause


Ein Unfall, der beim Trinken während des Wartens auf die Betriebsbereitschaft eines Fotokopierers passiert, ist kein Arbeitsunfall.
Nach Meinung des SG Dresden (Urteil vom 01.10.2013, Az. S 5 U 113/13) trete die Nahrungsaufnahme (hier der Verzehr alkoholfreien Biers aus einer Flasche, wobei mehrere Zähne abbrachen) regelmäßig hinter betriebliche Belange zurück. Es liege eine eigenwirtschaftliche Verrichtung vor, mit der der Kläger seine versicherte Tätigkeit unterbrochen habe. Insbesondere sei die Kopiertätigkeit nicht geeignet gewesen, ein vom normalen Ess- und Trinkverhalten des Klägers besonderes Durst- oder Hungergefühl hervorzurufen, was ausnahmsweise eine andere Einschätzung erlaubt hätte.



Montag, 28. Oktober 2013

Mehrbedarf - nicht stillende / stillende Mütter

Stillende Mütter haben keinen Anspruch auf Hartz-IV-Mehrbedarf.
Mit seiner Entscheidung hat das Hessische Landessozialgericht (Urteil vom 21.08.2013, Az. L 6 AS 337/12) das erstinstanzliche Urteil bestätigt.

Die stillende Klägerin hatte den von ihr geltend gemachten Mehrbedarf mit einem um 635 kcal erhöhten Energiebedarf und infolgedessen mit einer kostenaufwendigeren Ernährung begründet. Dass bei schwangeren, nicht aber bei stillenden Frauen ein Mehrbedarf anerkannt werde, begründe eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung.

Das LSG wies darauf hin, dass anders als für schwangere Frauen für stillende Mütter ein Mehrbedarf nicht gesetzlich vorgesehen sei. Ein erhöhter Mehrbedarf wegen kostenaufwendiger Ernährung könne nicht herangezogen werden, da diese nicht krankheitsbedingt sei. Ein unabweisbarer besonderer Bedarf liege deshalb nicht vor, weil erhöhte Kosten, die typischerweise durch das Stillen auftreten würden, kompensiert würden durch die Ersparnisse beim Kauf von Milchnahrung.

Die Revision wurde nicht zugelassen.



Der Autor ist schwerpunktmäßig im Sozialrecht und Strafrecht tätig.

Samstag, 26. Oktober 2013

Hartz IV - Erhöhung zum 01.01.2014

Der Bundesrat hat am 11.10.2013 der Erhöhung der Regelsätze zum 01.01.2014 zugestimmt.
Betroffen vom Anstieg in Höhe von 2,27 % sind rund 6,1 Millionen Menschen.

Weitere Informationen finden Sie hier.


Rechtsanwalt Störmer ist zugleich Fachanwalt für Sozialrecht.

Freitag, 25. Oktober 2013

Hartz IV auch für Migranten


Auch das LSG NRW hat sich zum Anspruch ausländischer Staatsangehöriger auf Hartz-IV-Leistungen geäußert (Urteil vom 10.10.2013, Az. L 19 AS 129/13) und diesen bejaht, soweit sich die Antragsteller nach längerer objektiv aussichtsloser Arbeitssuche weiterhin im Bundesgebiet gewöhnlich aufhalten.
Das LSG hat klargestellt, dass seiner Ansicht nach erwerbsfähige EU-Bürger, die ein Aufenthaltsrecht aus anderen Gründen als zur Arbeitssuche haben, nicht vom Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II erfasst sind. Das gelte auch für EU-Bürger ohne Aufenthaltsgrund i. S. d. gemeinschaftlichen Freizügigkeitsrechts.
Im der Entscheidung zugrunde liegenden Fall waren die Bemühungen der Kläger, eine Arbeitsstelle zu erhalten, zum Zeitpunkt der Antragstellung seit über einem Jahr erfolglos und auch nicht für die Zukunft Erfolg versprechend. Damit seien sie nicht mehr zur Arbeitssuche freizügigkeitsberechtigt gewesen, wodurch sie auch nicht zum ausgeschlossenen Personenkreis gehört hätten.
Bundesweit sind von ähnlichen Fallkonstellationen ca. 130.000 Menschen betroffen.
Das LSG NRW hat deshalb die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen.



Hartz IV auch für EU-Bürger


Der Ausschluss von Hartz-IV-Leistungen für Arbeit suchende EU-Bürger ist europarechtswidrig.
Das hat das Bayrische LSG entschieden (Urteil vom 19.06.2013, Az. L 16 AS 847/12).

Nach Ansicht des Bayrischen LSG haben alle erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die sich berechtigt in Deutschland aufhalten, Anspruch aus Hartz-IV-Leistungen. Die Staatsangehörigkeit ist insoweit unerheblich.
Im vorliegenden Fall sei der Kläger auch nicht gem. § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II von Leistungen ausgeschossen gewesen. Der Ausschussgrund sei niht nvon Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38 EG gedeckt.

Wegen der uneinheitlichen obergerichtlichen Rechtsprechung hat das Bayrische LSG allerdings die Revision zum BSG zugelassen (dortiges Az. B 14 AS 51/13).



Pflegeberufe - kein Abiturzwang

Wie die hessische Landesregierung mitteilt, bleibt es bei der zehnjährigen Schulausbildung als Voraussetzung für die Ausbildung in der Krankenpflege. Dies hat jetzt das Europaparlament beschlossen, nachdem ursprünglich die EU-Kommission zwölf Schuljahre als Voraussetzung hatte festlegen wollen.
Eine Anhebung der Zugangsvoraussetzungen von zehn auf zwölf Schuljahre hätte zu einer faktischen Akademisierung der Pflegeberufe geführt und damit den Fachkräftemangel noch verschärft.

Für Hebammen wird die Berufsanerkennungsrichtlinie allerdings künftig eine zwölfjährige Schulbildung fordern.




Stephan Störmer ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Sozialrecht in Steinfurt.