Wenn Hinterbliebene einen nach der Rechtsprechung des BGH gerechtfertigten Behandlungsabbruch vornehmen, können sie bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen eine Hinterbliebenen-Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung beanspruchen (BSG, Urteil des 2. Senats vom 04.12.2014, Az. B 2 U 18/13 R).
Im zugrunde liegenden Fall hatte die Ehefrau eines nach einem Wegeunfall im Wachkoma befindlichen Versicherten dessen Magensonde entfernt, wodurch er einige Tage später verstarb.
Das Bundessozialgericht (BSG) hat jetzt klargestellt, dass in einem solchen Ausnahmefall der gesetzliche Leistungsausschluss für Personen, die vorsätzlich den Tod des Versicherten herbeigeführt haben, nicht durchgreift.
Seiner Auffassung nach stellte der Tod des Versicherten einen Arbeitsunfall dar, da die rechtlich wesentliche Ursache für den Tod in seinem Wegeunfall lag. Dieser hatte auf dem Weg von der Arbeit so schwere Verletzungen ausgelöst, dass eine willkürliche Ration nicht mehr möglich war und der Versicherte dauerhaft vollständig auf pflegerische Hilfe angewiesen war. Für einen solchen Fall hatte der Versicherte allerdings zuvor gegenüber seinen Angehörigen wiederholt und klar geäußert, niemals nur durch lebensverlängernde Maßnahmen weiterleben zu wollen.
Das BSG sah diesen grundgesetzlich geschützten Willen im Versicherungsfall maßgeblich zum Tragen kommend. Hiermit habe es den Willen des Gesetzgebers im sogenannten Patientenverfügungsgesetz vom 29.07.2009 im Sozialrecht nachvollzogen. Insbesondere in § 1901a BGB habe der Gesetzgeber klargestellt, dass die durch die Autonomie und Menschenwürde (Art. 1 GG) des Einzelnen getragene Entscheidung, keine lebensverlängernden Maßnahmen erdulden zum müssen, generell zu berücksichtigen ist.
Insofern hat das BSG die Vorinstanzen bestätigt und der Ehefrau des Versicherten eine Hinterbliebenen-Rente zugebilligt.
Der Autor ist zugleich Fachanwalt für Sozialrecht und Fachanwalt für Strafrecht.