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Montag, 10. August 2015

Hartz IV und Betriebsverpflegung

Nicht verzehrte Betriebsverpflegung darf nicht pauschal als Einkommen auf SGB II-Leistungen angerechnet werden.

Damit hat das Sozialgericht Berlin der Klage einer Leistungsempfängerin stattgegeben und die angegriffenen Bescheide des Jobcenters abgeändert (Urteil vom 23.03.2015, Az. S 175 AS 15482/14).

Nach seiner Auffassung verstößt die entsprechende Vorschrift der ALG II-Verordnung zur Anrechnung von Verpflegung gegen höherrangiges Recht. Sie ließe außer acht, dass nach dem Grundprinzip der Grundsicherung für Arbeitsuchende eine abschließend pauschalierte Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts gewährt werde (die sogenannte Regelleistung). Daneben sei eine aufwendige individuelle Bedarfsermittlung weder zugunsten noch zulasten der Leistungsempfänger vorgesehen. Durch die Pauschalierung solle gerade die Eigenständigkeit und Selbstverantwortung der Hilfeempfänger gefördert werden, so dass Bedürfnislosigkeit nicht zum Leistungsentzug führen dürfe.

Selbst die Wirksamkeit der Vorschrift unterstellt, sei eine einschränkende Auslegung geboten gewesen. Ansonsten wäre eine Beeinträchtigung der grundrechtlich geschützten Entscheidungsfreiheit die Folge. Im Ergebnis sei es leistungsrechtlich zu respektieren, wenn Leistungsempfänger auf die angebotene Verpflegung verzichteten.


Der Autor ist Fachanwalt für Sozialrecht und Fachanwalt für Strafrecht.