Dieses Blog durchsuchen

Mittwoch, 29. März 2017

Sozialhilfe: DVB-T2


Das Sozialamt ist nicht verpflichtet, die Kosten für die Anschaffung eines Receivers zum Empfang des in wenigen Wochen in einigen Bereichen eingeführten digitalen Antennen-Fernsehens DVB-T2 zu übernehmen.

Das Sozialgericht Berlin hat einen ensprechenden Eilantrag abgewiesen (Entscheidung vom 28.02.2017, Az. S 146 SO 229/17 B ER).

Hintergrund ist folgender: In Teilen Deutschlands wurde in der Nacht vom 28. zu 29.03.2017 das digitale Antennenfernsehen DVB-T abgeschaltet und auf den neuen Standard DVB-T2 HD umgestellt. Hierdurch soll eine bessere Bildqualität und eine größere Programmauswahl gewährleistet werden. Zuschauer, die ihr Programm per Satellit oder Kabel empfangen, sind hiervon nicht betroffen. Diejenigen, die das Antennenfernsehen nutzen, brauchen zum Empfang des neuen Standards entweder einen Fernseher mit kompatiblem Empfangsteil oder einen Receiver. Nur die öffentlich-rechtlichen Sender können auch weiterhin kostenfrei empfangen werden, wer Privatfernsehen gucken möchte, muss nach der Umstellung eine monatliche Gebühr bezahlen.

Die Antragstellerin im obigen Verfahren bezog eine Rente wegen voller Erwerbsminderung und ergänzende Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII. Sie beantragte beim Sozialamt die Übernahme der Kosten für den Kauf eines Receivers i. H. v. 100,- € und die Übernahme der Gebühren zum Empfang der privaten Programme i. H. v. 69,- € jährlich. Ihren Eilantrag gegen die ablehnende Entscheidung begründete sie damit, ab dem 01.04.2017 mit ihren bisherigen Geräten kein Fernsehen mehr empfangen zu können. Dies verletze sie in ihrer grundrechtlich geschützten Menschenwürde. Der Staat müsse ein Mindestmaß an Teilnahme am gesellschaftlichen und kulturellen Leben gewährleisten. Die Anschaffung des Receivers entspreche der Erstausstattung einer Wohnung mit einem Haushaltsgerät, denn die Begebenheiten hätten sich grundlegend geändert.

Das Sozialgericht Berlin hat mit Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BSG festgestellt, dass ein Fernsehgerät weder ein Einrichtungsgegenstand noch ein Haushaltsgerät i. S. d. § 31 SGB XII sei. Zusätzliche Leistungen für Erstausstattung gebe es nur für Gegenstände zur Befriedigung grundlegender Bedürfnisse wie Essen und Schlafen. Sowohl Fernseher als auch zugehöriger Receiver dienten vielmehr der Befriedigung des Unterhaltungs- und Informationsbedürfnisses. Deren Anschaffung sei aus dem Regelbedarf zu bezahlen. Es stelle auch keinen ausnahmsweise zu übernehmenden Sonderbedarf dar, der erheblich von durchschnittlichen Bedarf abweiche. Alle Hilfeempfänger, die Fernsehen über Antenne empfangen, seien grundsätzlich in der selben Art und Weise betroffen. Die für den Empfang der Privatsender entstehenden Kosten betrügen umgerechnet lediglich 5,75 € im Monat, was aus der Regelleistung aufgebracht werden müsse. Im besonderen Fall der Antragstellerin habe diese die Kosten überdies aus dem pauschalen Mehrbedarf, den sie aufgrund ihrer Schwerbehinderung erhalte, bestreiten können.


Sie haben Fragen zum Sozialrecht
Ihre Ansprechpartner: Rechtsanwälte und Fachanwälte für Sozialrecht 
Stephan Störmer und Viola Hiesserich.