Die Verpflichtung eines Bauunternehmens, zusätzlich zu den normalen Sozialabgaben die gleiche Summe auch noch an die Sozialkasse Bau abführen zu müssen, verletzt Unternehmen der Baubranche nicht in ihren Rechten aus Art. 11 EMRK (Vereinigungsfreiheit) und Art. 1 Protokoll Nr. 1 zur EMRK (Schutz des Eigentums).
Das hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte am 02.06.2016 entschieden (Az. 23646/09).
Beschwerdeführerin war ein auf Erdwärme spezialisiertes Unternehmen der Baubranche.
Nach den vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträgen über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe sind Arbeitgeber der Brache zur Entrichtung von Beiträgen in Höhe von 19,8 % des Bruttolohns ihrer Angestellten verpflichtet, unabhängig davon, ob sie einer der tarifschließenden Arbeitgebervereinigungen als Mitglieder angehören oder nicht.
Nach Auffassung des EGMR verstoßen deutsche Tarifverträge, die alle Arbeitgeber einer Branche zu Sozialbeiträgen verpflichten, nicht gegen das Menschenrecht auf Vereinigungsfreiheit. Die Verpflichtung der Beschwerdeführerin, Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes zu entrichten, sei im Interesse aller Mitarbeiter in der Bauindustrie und beruhe auf dem Solidaritätsprinzip. Zwar könne die Beitragspflicht als Anreiz gesehen werden, Mitglied zu werden, um Einfluss auf die Aktivitäten der Sozialkassen zu nehmen. Dieser Anreiz sei aber zu vage, um die Vereinigungsfreiheit ihm Kern zu berühren. Die Einrichtung des Sozialfonds, in das die Beschwerdeführerin zur Einzahlung verpflichtet sei, unterliege der Aufsicht der "BaFin". Es gebe daher eine Beteiligung und Regelung durch die öffentliche Hand.
Stephan Störmer ist Rechtsanwalt sowie Fachanwalt für Sozialrecht und Strafrecht.