Empfänger von SGB II-Leistungen dürfen nicht ohne Weiteres per Eingliederungsvereinbarung bzw. -Verwaltungsakt zur Wohnungssuche verpflichtet werden.
Insoweit hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg eine erstinstanzliche Entscheidung des Sozialgericht Konstanz aufgehoben (Urteil vom 08.11.2016, Az. L 9 AS 4164/15).
Im zugrunde liegenden Fall lebte der Kläger seit einigen Jahren ohne festen Wohnsitz und nächtigte in einem Pritschenwagen. Hierfür musste das Jobcenter keine Kosten der Unterkunft zahlen (LSG Baden-Württemberg, 10.05.2016, Az. L 9 AS 5116/15).
Das Jobcenter wollte nun die Wohnsituation des Klägers ändern, da eine angemessene Wohnung Voraussetzung sei, um auf dem Arbeitsmarkt eine Beschäftigung zu finden.
Da der Kläger sich weigerte, eine entsprechende Eingliederungsvereinbarung zu schließen, erließ das Jobcenter einen Eingliederungsverwaltungsakt mit dem Ziel "Wohnsituation klären". Hierzu wollte das Jobcenter unter Benennung von Ansprechpartnern Kontakt zur Stadt Radolfzell und zu Notunterkünften herstellen. Der Kläger sollte im Gegenzug aktiv nach einer Wohnung suchen und sich dazu einen Wohnberatungsschein beim Bürgerbüro besorgen.
Das LSG hat nun dem Kläger Recht gegeben.
Nach Klarstellung des LSG sind Eingliederungsvereinbarungen nach den gesetzlichen Vorgaben auf die Eingliederung in den Arbeitsmarkt gerichtet.
Selbst wenn die Vermittlungschancen mit festem Wohnsitz wohl besser seien als bei obdachlosen Menschen, so fehle vorliegend für die Verpflichtung zur Wohnungssuche der unmittelbar arbeitsmarktbezogene Aspekt. Je weiter sich das Jobcenter bei festgelegten Vorgaben zur Eigenbemühung vom Kernbereich der Arbeitseingliederung entferne, desto mehr müsse es das grundrechtlich geschützte Selbstbestimmungsrecht des Leistungsempfängers berücksichtigen.
Im vorliegenden Fall wären die Vorgaben des Jobcenters zudem zu unklar gewesen, um dem Kläger zu verdeutlichen, welche Bemühungen er konkret ergreifen sollte und wie und in welcher Häufigkeit diese zu dokumentieren waren.
Vor diesem Hintergrund war der Eingliederungsverwaltungsakt mit dem Ziel der Klärung der Wohnsituation rechtswidrig.
Auch in 2017 in sozialrechtlichen Angelegenheiten wieder an Ihrer Seite:
Rechtsanwälte Störmer & Hiesserich.